„An der Saale hellem Strande, sitzt der Frosch mit seiner Tante“. Dieser, manchmal reißende Fluss, berührt u.a. auch dieses schöne kalte Hof. Hof, man nennt es auch das „Kleinsibirien“ Deutschlands. Dort hörte vor der Wende die Welt auf. Vor- und während des 2. Weltkrieges lag Hof fast in der Mitte von Deutschland und wenn Du Donald Duck kennst, die Koordinaten von Entenhausen nimmst, dann landest Du nur ein paar Kilometer von Hof entfernt.
Lassen wir die Zeit einmal zurück laufen… Jahrhunderte ziehen vorbei. Die Kalenderuhr bleibt an einem 25. Januar 1430. Die Hussiten sind auf dem Vormarsch. Und wer die Hofer kennt, der weiß, dass alles „urgemütlich“ zugeht, sie nichts aus ihrer „Bier-Ruhe bringt. So haben die tschechischen Truppen kaum einen Widerstand gespürt, als sie die Stadt Hof angriffen. Als sie in die Stadt eindrangen und merkten, dass die Hofer ihr ganzen Bier ausgetrunken hatten, wurden sie böse und Berserker gleich verwüsteten sie die Stadt. In ihrer Wut ließen keinen Stein auf dem anderen. Ob Hof so aussah wie Dresden, die von Harrys Bomber dem Erdboden gleich gemacht wurde, weiß ich nicht. Der Geschichtsschreibung Glauben schenkend, könnten die Trümmerberge ebenso hoch gewesen sein, die Leichenberge wohl eher nicht. Die Hofer, die das Gemetzel überlebten, wandten sich an ihren obersten Chef, den Marktgrafen zu Brandenburg und klagten ihr Leid. Gnädiger weise erließ er ihnen für 10 Jahre die Steuern, damit sie ihre Stadt wieder aufbauen konnten unter der Auflage, dass sich alle Bürger mit Handfeuerwaffen ausrüsten und natürlich mit denen auch fleißig trainieren sollten. So wurde im Jahr 1432 die Schützengilde geründet, die das Ganze überwachen und leiten sollte. Nur nebenbei sei erwähnt, dass aus der damaligen Schützengilde, die heute bestehenden Privilegierten Scheiben-Schützen-Gesellschaft hervorgegangen ist. Drakonischen Strafen drohten denjenigen, der sich vor dieser Schießausbildung drücken wollte. Um drohende Sanktionen zu vermeiden, hetzten die meisten Schützen noch am Morgen des Montag nach dem Dreifaltigkeitsfest, dem letzten Tag der Schießübung, in ihrer Arbeitskleidung und den ortsüblichen Holzschuhen (Schlappen) zum Schießhäuschen. Hier wurden sie unter Beobachtung eines Schützenmeisters im Umgang mit der Muskete geschult. Von Jahr zu Jahr stieg die Zahl der Schützen und somit das Interesse an diesen Schießübungen.
Hof war gerettet.
Dieses ganze Gehetze und Geschlappe, der Krach und der Pulvergestank machte natürlich auch viel Durst. Und so begannen die Hofer ein besonderes Bier zu brauen. Ein gutes dunkles Bier, stark an Würze und Alkohol, süffig und dunkel, wie die Seele mancher Brauer, floss bald aus den riesigen Holzfässern. Kein Wunder, dass die Hofer Schützen weit über die Grenzen hinaus bekannt wurden. Ihr Schießkünste waren berühmt berüchtigt. Sie trafen immer. Warum? Der Schützenmeister sagte zu dem Auszubildenden: Triff den einen schwarzen kleinen Punkt in der Schießscheibe – Krach, der Schuss bricht. Kalter tödlicher Stahl flog durch die Luft und schlug mit einem Krachen in die Scheibe. Wo normalerweise die schwarze Farbe des kleinen mittig liegenden Zentrums war, grinste nun ein Loch. „War doch irre leicht“, lachte der Schütze „ aus den vielen schwarzen Punkten, die ich da sah, nur einen zu treffen ist doch wahrlich kein Problem“. Grinsend schulterte er seine Flinte und ging seinen Humpen holen. Das dunkle Bier löschte das Kratzen des Pulverstaubes in der Kehle, es betäubte den Schmerz des Trommelfells und ließ gute Laune aufkommen.
Und dessen gedenkend feiern die Hofer noch heute. Ob es wohl Parallelen zu den Galliern gibt? Vielleicht ist das Schlappenbier eine Art Zaubertrank, wie ihn der Zauberer Miraculix in seinem Kessel braute.
Bis heute konnte kein Feind von außen, die Hofer überrumpeln. Nur in seinem Inneren lauerte ein großer, gnadenloser Despot. Er verhalf der Stadt zu einem „unrühmlichen“ Ruf – die Pleitestadt des Königreiches Bayern.
Nur weil die damaligen Stadträte sich dem gönnerhaften Despoten (Baumwollspinnerei/Textilgruppe Hof) dienernd unterwarfen, war das möglich geworden. Die Kalenderuhr, die die ganze Zeit mitgelaufen war, pendelt sich zwischen 1975 -1990, ein. Es war die Baumwollspinnerei Hof und die damaligen Stadträte. Jetzt hat Hof in der Fußgängerzone einen steinernen „roten Teppich“, über den die Schlappen tragenden Füße in einem Umzug zum Schießhäuschen schlappen.
Also das Ganze geht wohl mit einem Weckruf einher. Dann strömen die Handwerker in ihren original Klüften herbei. Mit Trommeln und Fanfaren voran formiert sich ein buntgemischter Festzug, der sich langsam in Bewegung setzt, kurz am Rathaus halt macht, um sich von ihrem Chef, dem Schützenkommissar begrüßen zu lassen. Selbstverständlich steht der Bürgermeister auch mit auf der Treppe und findet ein paar Begrüßungsworte. Dann geht’s los: Die Fanfaren erschallen, Trompeten schmettern, Trommeln dröhnen … ein gewaltiger Strom von Handwerkern, Schützen, Helferleins wälzt sich Lindenwurm gleich durch die Ludwigstrasse bis in die Altstadt. Von dort geht es durch die Luitpoldstrasse, Marienstrasse über den Konrad-Adenauerplatz und endet am Festplatz. Angeführt von einen bunten, im Gewand eines damaligen Herolds. An den Straßenrändern stehen Leute, jung und alt, viele Nationen war vertreten und schauten sich dieses Spektakel an. Als die Gilde der Schornsteinfeger vorüberging, erhaschte ich mir ein wenig Glückstaub. Man kann ja nie wissen, nicht wahr? Im Zelt zog man ein. Das Bier floss in Strömen. Wenn die Hofer sich mal entschließen zu feiern, dann tanzt das Leben.
Über 30 Jahre war Hof meine zweite Heimat und wenn es mir möglich war, egal in welcher Ecke der Welt ich mich befand, fuhr ich zu diesem Event. Ich finde diese Tradition gut. Sie drückt u.a. auch den Dank an die Handwerker, an ihre Schöpfungen und ihren Leistungen aus. Sie sind es, die allen Grund haben sich feiern und „hoch-leben“ zu lassen.
Mein Finger fand oft den Auslöser meiner Kamera. Schaut sie Euch an – Es sind nie wiederkehrende Eindrücke, Unikate und erzählende Zeugen von einer Zeit, die mal war, die ist und die zu erahnen sein wird.
Einen hab ich noch: Wusstet Ihr, dass es den „Goldenen Schlappen“ gibt? Der Goldene Schlappen ist der höchste Orden der Scheiben-Schützen-Gesellschaft. Er wird an Personen verliehen, die sich um die Gesellschaft, das Handwerk oder die Stadt Hof verdient gemacht haben. Es ist die Miniatur eines Schlappens aus massivem Gold mit einem Brillanten, die ausschließlich für diese Verleihung von einem Hofer Goldschmied angefertigt wird. Dieser Schlappen wird jedes Jahr neu und individuell hergestellt und ist damit einmalig.