Erotische Fantasien –
Mit sinnlichen, verführerischen Kreationen begegnen sich sechs Künstler verschiedener Stilrichtungen in dieser Exposition. In den Kunstwerken vereinigen sich Ideenreichtum, künstlerische Raffinesse und Sinnesreiz.“
So habe ich es beworben und so habe ich es erlebt:
Es war im November dieses Jahres. Es war ein Sonntag und wieder schien die Sonne und der Himmel war blankgefegt. Er strahlte in einem winterlichen Blau. Die Luft war kalt. Der Wind zeigte sich von der lauen Seite. Kurz vor 15:00 Uhr hielten wir an den verfallenen Außenmauern des Rittergutes zu Ehrenberg. Giorgio Furlan hatte zu einer Veranstaltung geladen, die unter dem Motto stand: Sechs mal Sex. Ein vielversprechendes Thema. Sechs Künstler und Künstlerinnen wollen in einer Session zeigen, wie sie Erotik und Kunst verbinden. Ich war gespannt. Indirekt hatte ich auch meine „geistigen Finger“ mit in diesem Spiel. Aufregend ist das – Ihr wisst ja, dass ich erotische Gedichte schreibe. Es sind nicht nur so einfache Plattitüden. Die Worte sind sehr intensiv und gehen tief und wecken vielleicht andere Begehren.
Inka Kaiser, Ihr kennt sie von meiner Website, ließ sich von meinen Worten inspirieren und kreierte wundervolle Collagen.
Was mich stutzig machte war die Uhrzeit. Am Sonntagnachmittag, zur besten Verdauungsspaziergangszeit solch ein heißes, prickelndes und brisantes Thema erfolgreich zu servieren – da muss alles passen. Auf meinem Weg zum Gewölbesaal traf ich liebe Bekannte. Auf Georgio begrüßte mich herzlich. Ich merkte seine Anspannung. Seine Augen waren müde. Sein mailändisches Temperament hielt sich versteckt. Gemeinsam gingen wir zu den anderen und plauderten fröhlich bis Georgio das Event eröffnete. Er stellte die Künstler vor und jeder Künstler musste seine Werke vorstellen. Inka Kaiser las ein Gedicht aus meinem Lyrikband: Gedankenspiegel und erzählte kurz etwas über ihre Collagen. Dann ging es ganz schnell. Die übrigen Fünf gingen irgendwie unter. Ich bemerkte sie kaum. Ein älterer Herr, der wohl oft zu Gast war und Bilder malte, versteigerte, nein er verschleuderte im Eiltempo seine Werke. Was mir von Anfang an unangenehm auffiel war die Kälte, die in diesen Räumen herrschte. Kälte ist schon immer ein Erotikkiller. Das mögen nur die Pinguine oder Eisbären.
Was dann kam war originell, eben ein Georgio Furlan. Fabelwesen huschten durch den Raum und präsentierten uns Gästen einen riesigen Penis und zwei riesige Brüste aus Pizzateig, aus dem sich jeder etwas herausbrechen und naschen konnte. Nun konnte ich in Ruhe die Exponate betrachten. Es waren wirklich schöne Arbeiten darunter. Soviel ich weiß, wird die Ausstellung einige Tage bestehen bleiben. Danach steht alles zum Verkauf. Beim Betrachten viel mir auf, dass die Collagen von Inka Kaiser, die in großen Bilderrahmen hingen, gewellt waren. In einer anderen Ecke zeigte Sylvia Goldenstern ihre u.a. erotischenTatoos und Bodypaintung. Es war einfach zu kalt in den sonst wunderschönen Ausstellungsräumen. Hier gefror jeder erotischer Gedanke. Zu den anderen Künstlern kam ich gar nicht, da sie unauffindbar waren, leider! In der hinteren Ecke traf ich einen jungen Mann wieder, der während meiner ersten Buchlesung Maler war und seine Freundin auf Leinwand verewigt hatte. Es war eine Freude mit Marcel ein paar Worte zu wechseln und auch seine Werke zu bewundern. In seinem Studio, das in Leipzig steht, entstehen zur Zeit wundervolle Kunstwerke. Vielleicht werde ich ihn eines Tages besuchen. Ein Bericht mit vielen Bildern ist versprochen.
Schnell verging die Zeit, zu schnell. Es gab Sekt, Café und Tee, wer wollte. Der Pizzateig des großen Pimmels bröselte langsam zwischen den Zähnen. Zum diskutieren und philosophieren war es zu kalt in dem Gewölbessaal. Es war Zeit, Abschied zu nehmen. Draußen war es dunkel geworden. Währen ich langsam zum Auto ging, blickte ich zurück auf die dunkle Fassade der verfallenen Mauern. Ich sah die wenigen Besucher. Die Frage nach dem Warum; warum kamen so wenige, warum wurde dieses vielseitige wunderschöne Thema so stiefmütterlich abgehandelt in mir auf. Wenn es ein Abend gewesen wäre zu einer anderen Zeit, an einem anderen Tag – das wäre ein Erlebnisschmaus geworden. In meinen Gedanken bildeten sich plötzlich Parallelen zu meiner Lesung im September.
Wenn ich an diesem 27.September keine Gäste mitgebracht hätte, wären wir unter uns gewesen. Es war kalt an diesem Tag – die Zuhörer froren. Mich wärmte der Whisky. Was mich erstaunte war, dass die Zuhörer, so sagten sie mir, die Kälte oftmals nicht mehr gespürt hatten. Ob es an den Emotionen lag, die ich weckte?
Was ich damit sagen will ist, dass man aus diesen zwei Veranstaltungen, die ich erleben durfte, vielmehr hätte machen können. Die Gründe mögen spekulativ sein: Ich vermute, dass man müde geworden ist, zu müde. Die Förderungen liefen, ein Programm musste abgearbeitet werden. Die Energie, die solche Events zum Leben erweckten, war kaum zu spüren. Die Collagen werden wohl nicht verkauft werden können – ihr Zustand kann als desolat bezeichnet werden. Interessant wäre zu erfahren, wie die anderen Künstler das Event erlebten. Bald wird die Ausstellung vorbei sein. Ob sie ein Erfolg geworden ist… wenn ich es erfahre, werde ich es Euch mitteilen.
Teilnehmende Künstler:
Christine Werzner,
Sylvia Goldenstern
Inka Kaiser
Wolfgang Belz
Marcel Schäfer
Mario Knapp