Das leckere traditionelle Weihnachtsessen aus meiner Heimat
Die Gansbrust
„… Geboren um zu geben…“ könnte ein neuer Song anfangen. Es wäre ein grausig schönes Lied. Und doch steht die Gans in der Nahrungskette ziemlich weit unten und ich bin froh, dass es so ist. Ich könnte mir schlecht vorstellen, am Heilig Abend einen Teller vor mir zu haben, der nur mit Klößen und Rotkraut gefüllt ist.
Ich will Euch erzählen, von der Gans Ernie, die nur geboren wurde, um zu geben. Nicht weit von mir gibt es einen Bauernhof, auf dem das Leben nur so wuselt. Über 400 Gänse toben auf den Wiesen und schnattern fröhlich vor sich hin. Sie haben mich kommen sehen und ein ganzer Schwarm, ganz in Weiß, flitzt zu dem Teil des Zaunes, an dem ich vorbeikommen muss. Es ist ein Zischen, schreien und Schnattern – ja es sind gute Wächter. Das wussten die Römer auch, die sie als Wächter einsetzten. Eigentlich wollte ich nur meine Sägeblätter meiner Kreissäge zum Schärfen bringen. Bei der Unterhaltung mit dem Bauern kommen wir auch auf die Gänse zu sprechen. Er sagte mir, dass im November keine Gans mehr leben würde.
Nicht weil der Fuchs sie holt, sondern weil Weihnachten vor der Tür steht. Sofort fiel mir das Lied „… geboren um zu leben…“ ein. In Gedanken änderte ich den Text in: „…geboren um zu geben…“ der Bauer sprach mit den Gänsen und fragte mich, ob ich eine Gans haben wollte. Ich lachte laut auf. Ich sagte ihm, dass meine Familie zu klein wäre für eine Gans.
Er überlegte kurz, rief Ernie zu sich… und sie kam tatsächlich schnatternd zu ihm an den Zaun. Er unterhielt sich etwas mit ihr und sagte: „Schau mal auf ihre Brust. Das ist das beste Fleisch. Das wird deine Familie doch schaffen, oder?“ Es war eine wunderschöne weiße Gans – ich verscheuchte den aufkommenden Gedanken in mir, dass sie nur wegen mir ihre Brüste verlieren würde. Der Bauer schickte sie wieder zu den anderen und bald war sie im Meer der weißen Federn verschwunden. „und der Körper der Gans, was passiert mit ihm, wird er weggeschmissen?“, fragte ich. Der Bauer lachte und sagte: „der landet auch in der Bratpfanne und verschönert das Heilige Fest.“ So bestellte ich die Brüste der Gans Ernie für den 23.12.2021.
Durch Regen und Schneematsch wühlten sich meine Räder, als ich die Brüste abholen fuhr. Schnell war das Geschäft erledigt und ich hatte die Brüste der Gans Ernie auf dem Beifahrersitz liegen. Auf der einen Seite war ich froh, nicht so weit unten in der Nahrungskette zu sein, auf der anderen Seite freute ich mich, dass auf unseren Tellern eine leckere knusprige Gansbrust mit grünen Klößen und Rotkraut liegt. Jetzt müssen nur noch das Köcheln und Brutzeln gelingen.
In Wort und Bild werdet Ihr es mit „erleben“ und wenn ihr wollt, bruzelt mit.
Da liegen sie, noch verpackt in einer Folie und warten darauf, dass ein es los geht. Also: Action ist angesagt.
1.Schritt: auspacken, duschen, baden, abtrocknen und den einen oder anderen Federkiel entfernen
2. Schritt: Bereitstellen der Gewürze: roter Paprika edelsüß, Salz und Pfeffer
3. Schritt: Die Brust wird mit Eingesalzen und mit Pfeffer eingerieben. Wie viel man von jedem nimmt? Ich kann nur sagen: Ein gesunder Menschenverstand ist von Nöten. Von jedem nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig.
Nicht die Unterseite vergessen!
4. Schritt: Jetzt kommt der Edelsüße. Die Gansbrüst muss schön rot leuchten.
5. Schritt: Die weiteren Zutaten bereitlegen: Für diese Portion wären das ein halber in Stücken geschnittener Apfel und 6 Backpflaumen
6. Schritt: Der Bräter – holt den Bräter!: Meiner ist aus der dritten Generation oder gar aus der Vierten? Egal, Hauptsache er eignet sich – und wie er sich eignet. WIe ihr seht, hab ich den Bräter
liebevoll befüllt. Zum Schluss wird nur so viel Wasser in den Bräter gefüllt, bis die Brust 2/3tel gedeckt ist. Dann kommt der Deckel drauf.
Und rein in den Ofen, den wir schon bei 220 Grad vorgeheizt haben. Nicht vergessen: Ober- und Unterhitze mit Umluft einstellen. Dann den Deckel drauf, die Klappe zu.
Die ersten Schmorsession von 30 Minuten geht los.
Das werden wir noch öfter brauchen:
Nachdem die ersten 30 Minuten vergangen sind, holen wir den Bräter heraus, öffnen den Deckel und drehen die Brust. So sieht sie nach den ersten 30 Minuten aus:
Die Brust muss nun alle 30 Minuten gewendet werden.
So sieht sie nach 3 Stunden aus 😉 schön knusprig.
Was können wir noch tun, damit die Bräune der Haut noch besser und ihre Konsistenz noch zarter wird? Hier kommt meinen Rat! Nehmt einen Pinsel und taucht ihn Honig und streichelt liebevoll die ganze Gänsebrust ein.
Fertig ist die Brust von Gans Ernie
Ein paar Hinweise zum Schluss: Achtet immer darauf, dass genug Wasser im Bräter ist und füllt neues, warmes Wasser auf (eine halbbedeckte Brust soll sein).
Immer wenn die Brust gewendet wird, schmeckt den Sud ab und ggf. nachwürzen nur mit Pfeffer und Salz. Es kann auch ein/zwei Stück Apfel und Backpflaumen hinzugefügt werden. Je nach deinem Gusto.
Wenn zu wenig Soße übriggeblieben ist, macht Folgendes: Die Brust muss raus aus der Pfanne.
Ihr habt bestimmt gemerkt, dass ich auf das Gewicht der Gansbrust nicht eingegangen bin. Es ist nicht relevant. Ob das Fleisch weich und zart ist, merkt ihr beim Umdrehen im Bräter. Irgendwann löst es sich leicht bei der Umdrehprozedur vom Knochen. Wenn ihr das erlebt und den Duft des Bratens inhaliert, durchströmt Euch eine Art Vorfreude auf den so köstlichen Braten.
Holt ein Sieb, einen Esslöffel und einen Holzschaber o.ä.. Mit dem Löffel schabt ihr den Kochrand, der sich in der Pfanne gebildet hat, ab und vermischt es mit der verbliebenen Soße. Die weichen Früchte und auch Soße kommen in das Sieb und werden mit dem Esslöffel durch das Sieb in die Pfanne gedrückt. Aufgepasst: jetzt benötigt man Fingerspitzengefühl! Nimm warmes Wasser und rührt es unter die Soße. Nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig. Schätze ab, wie viel Soße du benötigst. Sie wird etwas wässeriger werden, aber nicht im Geschmack. Wieder sollte abgeschmeckt werden und falls nötig mit Salz und Pfeffer nachgewürzt werden. Zum Schluss dickst du die Soße mit Soßenbinder an – sehr vorsichtig agieren. Dann kommt die Gansbrust wieder in die Pfanne und kann schön durchziehen.
Das Wichtigste zum Schluss: Während der ganzen Prozedur sollte ein Glas immer mit Rotwein gefüllt sein. Ihr werdet merken, dass die Hitze des Backofens durstig macht. Mach dir nichts draus, wenn eine Flasche nicht reicht. Weihnachtslieder können, müssen aber nicht gesungen werden. So beginnt das kulinarische Weihnachten.
Das Fleisch der Brust war zart, die Haut knusprig und der Geschmack einfach … mhhhhh. So hat die Gans Ernie uns ein schönes Weihnachtsgeschenk beschert und wir sind dankbar – geboren um zu geben….
Hallo Stan Marlow
Ihre Weihnachtsgeschichte – natürlich zuerst Ihre Bekanntschaft mit der Gans namens Ernie, ist eine Köstlichkeit. Wunderschön rein Weiß erscheint sie für uns alle auf ihrem Foto. Ihre Brust wird begutachtet und vom Halter empfohlen. Hier stimme ich Ihnen ohne Wenn und Aber zu: Geboren um zu geben.
Stan der gesamte Beitrag mit den Fotos zur Anleitung der Gansbrust als Fest Menü ist aller erste Sahne. Ich komme aus dem Vogtland und mir schmeckt sie auf diese Art am besten. Dass Sie die zarte Haut von Ernies Brust nochmals mit Honig bestreichen zum Schluss ist mir neu. Kann ich mir aber der Knusprigkeits wegen gut vorstellen und werde es sicherlich später ausprobieren.
Auf die Frage: was passiert mit den anderen Körperteilen der Gans, wird er Weggeschmissen? Meine Kindheit Erfahrung: Den bekamen die weniger gut betuchten. Und nach Kriegsende war das ein tolles Geschenk rückwirkend von einem Bauern für irgendeine Hilfe Leistung auf den Feldern oder auf dem Hof. Meine Mutter stellte außer zu Braten auch ein Frikassee her . Gans ist einfach eine Köstlichkeit.