Biografie
Ich, ein stummer Erzähler, habe das Privileg, zu beobachten, aufzuzeichnen, mitzuerleben, zu fühlen, aber nicht, mich einzumischen.
Ich könnte beginnen mit: „ … es war einmal…“, nein das passt nicht.
Wie wäre es damit: Wenn ich sagen wollte, wann und wo er geboren wurde, so würde ich es auf eine etwas anderen Art tun: Ein Soldat füllt bevor er in die Schlacht zieht einen kleinen Beutel mit Erde. Warum? Damit er in heimatlicher Erde liegen würde, falls er fallen sollte…
Stan Marlow würde durch die Wälder gehen bis hinauf zum Kamm des Erzgebirges. Dort wo Tannen sich unter der Macht des Windes beugen, würde er seinen kleinen Lederbeutel mit Erde füllen, damit er in heimtalicher Erde, sollte er fallen, liegen würde.
Am 11. November 1960 spät am Nachmittag flog eine Seele aus der großen Halle der Seelen hinunter zur Erde, um in ein Neugeborenes zu schlüpfen, damit es sich dem Licht zuwenden konnte. Ihr wisst über die „Halle der Seelen“ bescheid und auch was man über sie sagt?
„Man sagt, wenn ein Mensch stirbt, fliegt die Seele hinauf in eine große Halle, in der sich all die Seelen aufhalten, deren Karma noch nicht erfüllt ist. Es heißt, dass jedes Neugeborene ohne Seele auf die Welt kommt. Geschieht dies, eilt eine Seele aus dieser Halle zu dem Kind und beseelt es, damit es sich dem Licht zuwenden kann. Es steht geschrieben: „… eines Tages wird die Halle der Seelen leer sein und ein Kind wird geboren. Das ist die Zeit, an dem der Antichrist in unsere Welt kommt…und die Welt untergent“
An der Seite eines Schneiders und einer großartigen Mutter durchlebte er wundervolle Kinderjahre, behütet von den guten „Geistern“, die im Erzgebirge hausen. Viele Streiche galt es zu spielen und große und kleine Abenteuer an der Seite seines älteren Bruders mussten bestanden werden. Wohl behütet vom „freien Geist des Feuers“, dessen Symbol er am linken Hemdsärmel einer weißen Bluse trug, das sich irgendwann in eine „aufgehende Sonne“ an einer blauen Bluse wandelte und von strengen Wächtern des Katholizismus bewacht, wuchs er in einem Land auf, das es nicht mehr gibt.
Die Leichtigkeit des jungen Lebens verflog abrupt, als das Schicksal beschloss, den Vater, der gleichzeitig ein treuer Diener des Herrn war, an einen Ort zu schicken, wo aus Menschen Engel werden. So wurde die Zeit schnelllebiger, ernster und irgendwann, nachdem sich die Familie durchgebissen hatte, die Leistungen erbracht wurden, die Schule und Heim forderten, wurde der Stab über diese kleine Familie gebrochen und es galt die Heimat, das Erzgebirge, Freunde zu verlassen. Was war passiert: Aus der Verwandtschaft floh eine Familie über die „grüne Grenze“ in den „goldenen Westen“. Das hatte zur Folge, dass das Gesetz der Sippenhaftung aktiviert wurde und Repressalien des Staates griffen. Ihr könnt Euch sicher vorstellen, dass ein Martyrium für diese kleine Familie begann. In diesem Land gab es keine Zukunft mehr – so begann eine große Wanderung… jenseits der Mauer, jenseits des Stacheldrahtes, jenseits der Minen und Selbstschussanlagen, jenseits…. wurde eine neue „Tür“ geöffnet und eine andere Welt betreten. So begann aus dem Kind „Stan Marlow“ ein Wanderer zu werden, ein Wanderer zwischen den Welten, von denen ich Euch nach und nach erzählen werde.
Der Zug fuhr nicht nach Pankow – er hielt in Hof. Bei der Oma, die auf einem alten Bauernhof lebte, fanden sie Unterschlupf. Das ersparte der kleinen Familie das Auffanglager. Dort angekommen gab es erst mal, nach dem Tränen der Freude und Begrüßung versiegten, Klöße mit Hähnchen. Schnell kehrte der Alltag ein. Behörden mussten besucht werden, Befragungen fanden statt und dann wurden die Weichen für die Zukunft gestellt. Die 3 Kinder mussten in die Schulen, die Mutter brauchte Arbeit – und nicht eine Behörde war bereit zu helfen – auch nicht die Kirche, aber das ist ja wohl eine andere Sache – ja einmal mit Profis arbeiten, würde vielleicht der Herr sagen – Das Bodenpersonal ist auch nicht mehr das, was es mal war… Jetzt erst begann das Abenteuer, das „neues Leben“ hieß. In der Schule gab`s riesige Probleme, weil die Unterschiede im Schulstoff so riesig waren, das Geld war sehr knapp bemessen, die lieben Leckereien, die es Im „Osten“ nicht gab, verführten ihn so sehr, dass er das Geld für die Nachhilfe verfutterte. Bei seinen Klassenkameraden kam sein Dialekt nicht so gut an, auch drückte das Heimweh schwer… so verging die Zeit. Irgendwann fand er seine Liebe und meinte, dass sie ewig dauern würde. Tja, was soll ich sagen – das Ende kam nach genau 11 Jahren – da sprach der Richter sein Machtwort. Warum? Na na, wir wollen doch nicht indiskret werden, oder? Wer dennoch die Neugierde nicht besiegen kann, dem kann ich nur raten: schreibt ihn doch direkt an. Während dieser Zeit beendete er die Schule, absolvierte med. Praktiken in einer Privat-Klinik, war der erste männliche Arzthelfer mit Abschluss in ganz Bayern. Anschließend ging er ans städtische Klinikum mit der Option: den Beruf des Krankenpflegers zu erlernen. Noch bevor er die Probezeit überstanden hatte, meldete die Bundeswehr sich bei ihm. Kaum hatte er seinem Arbeitgeber erzählt, dass eine Musterung bevorsteht, kam der „Blaue Brief“. Wer sich aber nicht meldete, war die Bundeswehr. So ging`s in die Arbeitslosigkeit: erniedrigend, demotivierend und in finanzielle Schwierigkeiten getrieben – aber das war nicht von Interesse bei den zuständigen Stellen der Bundeswehr, wie so vieles, was sich aber erst in der Zukunft zeigen würde. Ob dies ein „Omen“ war?
Ich will Euch nicht langweilen. Nur so viel sei gesagt: es gab viele Abenteuer zu bestehen, ich weiß, dass es auch viel Leid, Einsamkeit, Tränen, die nicht der Freude gehörten, gab… und dass er einen Preis für sein Einstehen der freiheitliche demokratische Ordnung bezahlte, der viel zu hoch war. Welchen Dienstgrad er hat? Diesbezüglich, so weit kenne ich ihn, hat er da seine eigene Philosophie. Er sagt: „…was man auf der „Schulterklappe“ trägt sagt nichts darüber aus, was man für ein Mensch, Soldat und Kamerad ist und was man kann…“
Interessant aber ist, wie er zum Schreiben kam – Er brachte wohl ein paar Jahre in den Ardennen zu, genauer gesagt in dem Ort Bovigny. Dort befand sich ein Materialdepot. Wer die Natur liebt wird viele Gelegenheiten finden, diese zu erkunden. Auch die Geschichte hat hier ihre Schlachtfelder. Im Winter sehen die Ardenner Berge noch reizvoller aus, vor allem, wenn die bleichen Strahlen des Mondes den Schnee wie Diamanten glitzern lassen. Es war die Zeit um Weihnachten. Langsam fuhr er damals seinen schwarzen Calibra Turbo durch die weiße verzauberte Winterlandschaft, hörte leise Musik, dachte an seine große Liebe und ging seinen Gedanken nach, die von Sehnsucht geprägt waren. Aus dem Radio waren leise tragende Balladen zu hören. Die plötzliche Stille ließ Stan aufmerksamer werden. Über dem Äther, aus der Heimat … eine Ansprache an das „Volk“… und er hörte zu. Dann kam eine Aussage, mit der er überhaupt nicht konform ging. Die Stimme aus dem Radio sagte: „… nicht den Primärtugenden gilt unsere Aufmerksamkeit – es sind die Sekundärtugenden, die es zu fördern gilt…“ Dieser Satz ging ihm nicht aus dem Kopf. Tage später manifestierte sich ein Gedanke, der sich in dem Vorhaben, ein Buch zu schreiben, das eine oder mehrere Botschaften enthalten sollte, gründete. Und so begann es…Anmerkung:
Euch ist bestimmt aufgefallen, dass Unterpunkte unter seiner Biographie kreiert wurden. Bestimmt seid Ihr neugierig, mit was er sich so beschäftigt, wie er sich entspannt, woher er seine Ideen holt, wo seine Seele hinfliegt und wo er lachen kann… Sie sollen meinen Beobachtungen ergänzen und Euch viele Einblicke gewähren.